Am Mittwoch, den 13.03.2024, fuhr morgens um 9:00 Uhr ein ganzer Tross aus Spielerinnen, Mitschülern, Geschwistern, Fans, Eltern und Großeltern in freudiger Erwartung des Ereignisses in die Landeshauptstadt Niedersachsens. Als die mit Abstand jüngsten Teilnehmerinnen, abermals zu dritt und damit in Unterzahl, konnten sich unsere Mädchen dabei mehr als achtbar aus der Affäre ziehen.
Auch und erst recht als klar wurde, dass ihre Wettkampfklasse (M4) – anders als in den vorab zugesandten Unterlagen ausgewiesen und angekündigt – mit der nächsthöheren Wettkampfklasse (M3) zusammengelegt wurde, bewiesen sie allen neuerlichen Umständen zum Trotz Courage, Moral sowie Standfestigkeit im Spiel gegen ihre teilweise doppelt so alten Kontrahentinnen der 7. Jahrgänge. Das ist unseren Schülerinnen mehr als hoch anzurechnen und ein Achtungserfolg für sich.
Mit Fug und Recht wurden die Mädchen daher bei der Siegerehrung mit einem besonderen Lob für ihre Leistungen bedacht. Mit dem Unterton einer gerechtfertigten Entschuldigung wurde darauf verwiesen, dass im kommenden Jahr die Grundschülerinnen der Wettkampfklasse M4 das Finale unter sich austragen würden. Ohne die Organisation in Bausch und Bogen verurteilen zu wollen, was auch unangemessen wäre, war die Ausrichtung der Turniere durch Herrn Patrick Wiebe als niedersächsischen Schulschachbeauftragten doch stets angenehm, hätte man allerdings im Vorhinein
bereits wissen können, dass Chancengleichheit bei einer derartigen Vermischung der Altersklassen ausgeschlossen ist. Man bedenke einfach, wie es sich in anderen Sportarten verhielte, wenn eine U9 der U10 gegen eine U14 oder U15 anträte. Zumindest hätte die Zusammenlegung der Wettkampfklassen im Vorhinein kommuniziert und angekündigt werden können, damit sich sowohl die Spielerinnen als auch der Trainer darauf hätten einstellen können.
Dessen ungeachtet setzten sich unsere Mädchen wieder frei und selbstbewusst an die Schachbretter.
Und obwohl sie zu dritt in allen Runden jeweils mit 0:1 nach Punkten zurücklagen (wegen des unbesetzten vierten Bretts), konnten sie in der ersten und dritten Runde je zwei Partien für sich entscheiden und somit ein herausragendes 2:2 erkämpfen, was gleichbedeutend damit ist, dass sie nach tatsächlich ausgetragenen Partien mit 2:1 gewonnen hätten. Die anderen drei Runden gingen zwar alle mit 4:0 an die Spielerinnen der anderen Schulen, doch täuschen die Ergebnisse dabei über die Krimis und hauchdünnen Entscheidungen an den Brettern hinweg. In der letzten Runde gegen die beinahe doppelt so alten wie großen (Zwinkersmiley) Turniersiegerinnen legten unsere Mädchen zwar alles tapfer in die Waagschale, mussten sich jedoch alsbald in dem ungleichen Entscheid geschlagen
geben.
Der fragwürdigen Zusammenlegung der Wettkampfklassen zum Trotz, konnten unsere Mädchen heute wieder ganz wertvolle Erfahrungen in ihrer (Lern)Entwicklung sammeln, die sie hoffentlich für alle weiteren Schritte in ihrem Leben bestärken werden. Sich zu trauen und die Nerven zu bewahren gegen bedeutend ältere Kontrahentinnen, ist mehr als lobenswert und darf nicht nur alle Kinder, sondern ebenfalls die Eltern mit Freude und Stolz erfüllen.
Zudem soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich eine gegnerische Mannschaft äußerst unfair verhalten hat und alles erdenklich Mögliche getan hat, um ihre Partien zu gewinnen. Ständige Hinweise auf “berührt, geführt” sind das eine, sich dann allerdings selbst nicht daran halten zu wollen, das andere.
Da ein solch widernatürliches und auch widerwärtiges Verhalten für unsere Mädchen Neuland war, dem sie teilweise nicht gewachsen waren, sah ich mich Stellenweise zum Intervenieren angehalten und habe die Rolle des Advokaten unserer Kinder übernommen und die Gegnerinnen darauf hingewiesen, dass auch für sie “berührt, geführt” gelte, wenn sie dies schon einfordern würden.
Gekrönt wurde die beinahe schon lehrbuchmäßige Unsportlichkeit (sollte es jemand für wichtig erachten, darüber Bücher zu verfassen) noch dadurch, dass nach der letzten laufenden Partie, die Clara gegen ihre Kontrahentin über Zeit (und mit klarem Stellungsvorteil) gewinnen konnte, ihre Gegnerin keine zwei Minuten später meinte, sie habe die Partie doch gewonnen und habe gesehen, dass die Zeit zuerst bei Clara abgelaufen sei. Glücklicherweise hatte ich direkt nach Partienende ein
Foto von der Schachuhr gemacht. Das Ganze ging dann bis zu den Organisatoren. Im Grunde höchst peinlich und beschämend für die gegnerische Mannschaft und den Trainer. Dass die gegnerische Mannschaft sich zur Turnierleitung aufmachte, konnte ich wiederum nur aus dem Augenwinkel beobachten, habe mich umgehend eingeschaltet und bin hinzugeeilt, um mein Beweisfoto sowie den unterschriebenen Spielberichtsbogen mit den korrekt eingetragenen Spielergebnissen beizubringen.
Damit blieb es bei dem gerechten Resultat, mit dem die nun endgültige und weiterhin uneinsichtige Verliererin (auf diversen Ebenen) leben musste. Daraus konnte sie hoffentlich wertvolle Lehren fürsich ziehen, um die sich spätestens ihr Trainer kümmern sollte.
Insofern durften und dürfen unsere Mädchen und auch die anderen Kinder nicht nur lernen, wie schön und angenehm es ist, gegen faire und wohlwollende gegnerische Mannschaften zu spielen, sondern, wie unangenehm es ist und sein kann, es mit unsportlichen und unfairen Menschen zu tun zu bekommen, die alles erdenkliche tun, um sich einen Vorteil zu verschaffen – und sei es über unlautere Mittel. Dahinter stecken ganz wertvolle und fundamentale Lernerfahrungen und Erkenntnisprozesse, die sie im Endeffekt – und in dem sich ergebenden Kontrast – in ihrem ganzen Leben und ihrem eingeschlagenen Lebensweg bestärken werden und ihnen ganz klar vor Augen
führen – und das kann bisweilen erschütternd sein –, was (Entscheidungs)Freiheit bedeutet. Mehr noch, was es bedeutet, in Verbindung mit sich selbst und in Anbindung an transzendente und damit materiell nicht aufweisbare oder feststellbare Quellen sein Leben bestmöglich zu führen und zu gestalten.1 Ein Leben, das sich von dort aus mit ganz klaren Werten und einem Ge-Wissen speist und erfüllt. Ein Leben, das um die Widernatürlichkeit eines andersartigen Vorgehens weiß, weil es dies zutiefst spürt und empfindet. Ein Leben, in dem man zudem lernen kann, wie mit Widernatürlichkeit, deren Ursprung eine äußerst dünne und bekümmernswerte Ver- und Anbindung ist, umzugehen und wie diese einzuordnen ist. Das sorgt einerseits für die so wichtige Resilienz im Leben und
andererseits für die notwendige Empathie und Einsicht durch die Intuition. Und die Kinder zeigen diese Dinge bereits und bringen sie ins Leben. Auch das darf wiederum alle Beteiligten mit Freude und Stolz erfüllen.
Die unerlässliche Unterstützung bei diesen Lernerfahrungen und Erkenntnisprozessen werden sie weiterhin erhalten, etwa bei den Leuchtturmtreffen oder in Einzelgesprächen. Gleichwohl kann den Kindern über diese Erfahrung und den dazugehörigen Erkenntnisprozess vermittelt werden bzw. es vermittelt sich eigentlich von selbst, dass das, was ihre unangebundenen Gegnerinnen demonstriert haben, sich auf das ganze Leben und die Welt übertragen lässt. So kann es bspw. die Zerstörung und Ausbeutung der Natur nur geben, weil die Menschen größtenteils von sich selbst und ihrer Umwelt abgeschnitten sind. Wären sie mehrheitlich verbunden und angebunden, würde sie Dinge, die sie der
Erde oder anderen Lebewesen (zu denen wir Menschen ja nun auch einmal gehören) niemals antun.
Ganz gleich, welche Motive dahinter stehen. Allein weil es automatisch auf sie selbst zurückfiele und sie dies spüren würden, wie ein Messer, das ins eigene Fleisch schneidet. Dies sei nur ein Beispiel,
das aufzeigen soll, dass wir nicht im Schlaraffenland oder im Paradies leben. Wir können (und sollten vielleicht auch) versuchen, paradiesische Zustände zu kreieren. Dies können wir nach bestem Wissen und Gewissen tun und uns ein Leben gestalten, das so wunderschön ist, wie es nur sein kann.
Allerdings haben wir auch Prüfungen vor uns, in Form von Mitmenschen, die gänzlich anders unterwegs sind oder in Form von Umständen, mit denen wir konfrontiert werden. Das Leben ist kein Ponyhof oder Streichelzoo, doch darüber muss man ja keineswegs verzagen. Was auch immer an Unbill kommen mag, man kann daran wachsen. Es wird sich immer ein Weg finden, bei dem man, anstatt im Widerstand steckenzubleiben oder in Negativität zu versinken, in voller Anbindung voranschreiten kann und als Leuchtturm in gewisser Weise über den Dingen stehen und auch jeden noch so heftigen Sturm überdauern kann. Das Licht erstrahlt dann ganz deutlich, gerade in der Dunkelheit, die es aus- und durchleuchtet. Und auf diese Weise sind auch unsere Kinder Leuchttürme
und können als solche heranwachsen und die Welt mit ihrem Licht erstrahlen lassen und zum Leuchten bringen. So scheint auch ein nachhaltiger Wandel gelingen zu können. Nicht im Kampf, sondern in Erkenntnis und in Liebe. Darum ist Geist so geil.
Letztlich ist über das Landesfinale des niedersächsischen Schulschachmannschaftswettbewerbs und die damit einhergehenden Erfahrungen ein weiterer Meilenstein im individuellen Reife- und Entwicklungsprozess eines jeden Mädchens erreicht. Gewachsen und gestärkt dürfen sie aus dem Turnier hervorgehen und so manche Erfahrung darf sicher noch verarbeitet und so manche
Erkenntnis prozessiert werden. Dass sie den 3. Platz und damit das drittstärkste Mädchenteam Niedersachsens in ihrer Wettkampfklasse sind, ist das Sahnehäubchen und ein Ausdruck und Sinnbild ihrer fantastischen Entwicklung. Und zudem eine wunderbare Bestätigung für das schulische Schachprojekt, bei dem die Freude am Lernen, am Denken, am Entdecken, am gemeinsamen Abenteuer und am gemeinsamen Wachstumsprozess (auch weiterhin) im Vordergrund stehen soll.
Ein ganz herzliches Dankeschön geht auch noch einmal an alle Unterstützer raus: Die Kinder, die Eltern und die Großeltern. Last but not least bleibt zu sagen, dass es mir wieder eine Herzensfreude war, die Kinder bei diesem Schritt und allen weiteren Schritten zu begleiten und diese Erfahrung mit allen großen und kleinen Unterstützern teilen zu dürfen. Das macht Lust auf mehr. Und ich freue mich bereits auf die Nachbereitung und Aufarbeitung all der Erfahrungen und Erkenntnisse, die die Kinder
sammeln durften.
Yours sincerely, Coach Kai
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